ER war wirklich der allerletzte, den ich an diesem Abend sehen wollte. Was hatte er in meinem Leben eigentlich zu suchenß Lange Zeit nicht viel, war ein Stammgast unter Stammgästen in der Kneipe, in der auch ich regelmäßig mein Feierabendbierchen zu konsumieren pflegte. Dort hatten wir ihn kennengelernt, meine Freundin und ich, hatten mal drei oder vier Sätze gesprochen und uns nachher für den geselligen Abend bedankt. Und dann irgendwann hatte sie mich seinetwegen sitzengelassen. Was ja passieren kann und jeden Tag vielfach passiert und das weltweit. Nun, mich trösteten solche Weisheiten an jenem kühlen Märzabend absolut nicht, und durchaus nicht zufällig hatte ich die Sofaecke noch einmal gegen die Stammkneipe getauscht. Und nun das. Jetzt er hier. Der Streich, den Alkoholpegel und Seelenschrammen mir nun spielten, grenzte, das muss gesagt werden, an Tollkühnheit: ich schlug ihm, dem 1,90-Meter-Mann mit dem Raubmörderkreuz vor, sogleich das Freie aufzusuchen, zum Zwecke einer handfesten Prügelei und schob den Menschen in seiner kompletten figürlichen Präsenz auch sogleich auf die Straße hinaus und machte Anstalten. Dankenswerterweise war jener Riese ein überaus freundlicher Riese und ließ es nicht dazu kommen, stellte vielmehr die Frage, ob es das denn wirklich wert sei, und eigentlich könne man doch auch freundlich miteinander reden. Liebet Eure Feinde, oder wasß! Aber streng betrachtet, der Mann hatte Recht. Sie lohnte keine blutige Nase, gebrochene Rippen oder ähnliches, SIE NICHT! Wär ja noch schöner. Wir also wieder rein und eine Flasche Maltwhisky geordert. Rauchhart statt rauchzart, versteht sich. Und in der leuchtenden Bernsteinfarbe und dem wundervollen Torfaroma dieses Göttertranks hatten alle Verflossenen bald ausgespielt, und wir verbrachten die Nacht am Thresen zu dritt: er, ich und Mr. Lagavulin.
Über irgendwas musste ja geredet werden, als das aktuelle Thema durch war, und das war dann jawohl, danke fürs Mitdenken! der Fußball. Hatte seit Schülertagen im Ruhrpott keinen Live-Kick mehr gesehen , in München zum Fußball gehen, nein, das geht doch nicht, zu diesen scheißarroganten Pennern vom ! Neinneinnein, sagte er, da gibt es noch SECHZIG. Was, dieß Erinnerte mich dunkel, die Jungs mit dem Löwen auf dem Hemd vor X Jahren mal als Gastmannschaft in Duisburg gesehen zu haben. Die gibt's nochß Aber sicher, zwar nur noch in der dritten Liga, aber trotzdem Kult. Die natürliche Neugierde wurde vom Whisky noch gesteigert, und so sagte ich spontan zu, in seiner Gesellschaft die kommende Woche erstmals das altehrwürdige Grünwalder Stadion zu besuchen.
Was ich erwartet hatte, wusste ich selbst nicht, aber sicher nicht das: ein Bayernligaspiel vor 16 000 Zuschauern im Dauerregen, einen Wahnsinns-Support über 90 nur selten hochklassige Spielminuten und die Erfahrung, mit allen Anwesenden an ein gemeinsames Starkstromnetz angeschlossen zu sein. »Einmal Löwe, immer Löwe« stand auf einer Zaunfahne. Und ich wusste urplötzlich, dass dies nicht nur vier Worte waren. Gegen wen und wie der TSV nun gespielt hat an diesem Nachmittag, weiß ich nicht mehr mit Sicherheit, jene vier Worte dagegen haben sich eingeprägt. Ob in Aindling und Frohnlach, in Dortmund und Stuttgart oder in Leeds und in Parma. Einmal Löwe, immer Löwe auch demnächst in Aue und Burghausen.
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